Orte: Krems und verschiedene Orte in Niederösterreich, Wien u.a. Quellentypen: Tagebuch (Jugendtagebuch): 1 Band Zum Bestand: Schreiberin: Susanne P. (Pseudonym); geb. um 1932 (wahrscheinlich) in Niederösterreich
Übergeberin: Dipl. Ing. Susanne P. (Zufallsfund), 2018
Die Schreiberin dieses Tagebuchs ist bisher unbekannt, es wurde im Zuge einer Büchersammlung für einen Flohmarkt abgegeben. Der hier für sie angegebene Name ist ein Pseudonym. Das Buch ist jedenfalls auf 152 Seiten voll beschrieben. Die Einträge umfassen den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum 5. August 1950. Der Widmung zufolge hatte die Schreiberin es zu Weihnachten 1949 von ihrer Schwester Eva bekommen.
Die Schreiberin dürfte zirka 20 Jahre alt gewesen und in Krems oder einem Nachbarort in der Gegend von Krems aufgewachsen sein. Anfang 1950 trat sie eine Stelle als vertragsbedienstete Schreibkraft im Bürobereich im Bezirksgericht Wien Hernals an. Sie war dafür zu ihrer Tante Anni gezogen, die im 17. oder 18. Wiener Gemeindebezirk eine Wohnung hatte. Am Beginn der Einträge stand auch der Dienstbeginn im Gericht, wobei die junge Frau dann auch detailliert ihre Tätigkeitsbereiche schildert und teilweise kommentiert: "Heute haben mir wieder einmal die Finger gekracht. Vormittag Verhandlungen und nachmittags mußte ich nach Diktat alle möglichen Beschlüsse u. Urteile schreiben. Schauerlich, wieviele außereheliche Kinder es gibt. Und alles ist so umständlich, weil die lieben Wiener sich während des Krieges in Deutschland so schändlich aufgeführt haben." (8. Februar1950). Des Weiteren berichtete die junge Frau von den Einkäufen, die sie mit dem selbst verdienten Geld machte und von ihren sozialen Kontakten: "Das schöne Transchwetter vereitelte heute meine verschiedenen Einkäufe und Vorhaben. Ich wollte so gerne Tante Käthe anrufen, aber ausgerechnet heute war die Telephonzelle besetzt." (10. Februar 1950). Geschildert werden ebenso die Freizeitaktivitäten: Besuche von Tanzveranstaltungen, einem Tanzkurs, der Eisrevue sowie von Filmvorführungen, wovon zahlreiche Kinokarten auch in das Tagebuch eingeklebt sind. Diese Schilderungen zeigen nicht zuletzt den Bewegungsradius der jungen vom Land zugezogenen Angestellten in Wien: Sie besuchte Messen in verschiedenen Kirchen, eine Konzertaufführung in der Karlskirche, "besichtigte" die Frohnleichnahmsprozession am Wiener Stephansdom, besuchte eine Feuerwehrübung vor dem Rathaus, eine Bischofsweihe und die Schauräume von Schloss Schönbrunn. Im Sommer ging es dann ans Baden am Heustadlwasser, das "bacherlwarm" gewesen ist. Eingestreut sind schließlich auch Kommentare zu politischen Ereignissen: "Alles, vorausgesetzt, daß es überhaupt etwas davon wusste, ist heute aufgeregt über den gestern ausgebrochenen Krieg in Korea. (…) Die Leute machen schon wieder Angstkäufe. Ich sage abwarten." (26. Juli 1950). |